SMM 2018: Trends in SMMart Shipping

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Bei der Voraus-Pressekonferenz zur SMM lieferten Experten und hochkarätige Repräsentanten der Industrie einen Vorgeschmack auf die großen Themen der Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft, die vom 4. bis 7. September in Hamburg stattfindet. Im Fokus stehen Digitalisierung, umweltfreundliche Antriebstechniken, neue Wachstumsfelder und die Herausforderungen von disruptiven Märkten.

Über 2.200 Aussteller aus 66 Ländern und rund 50.000 Fachbesucher aus mehr als 120 Nationen: Auch in diesem Jahr wird die SMM ihre Position als Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen. „Wir wollen den Unternehmen der Branche einen echten Mehrwert bieten – sowohl denen, die mit einem Messestand auf der SMM vertreten sind, als auch Unternehmen, die ihre Entscheider nach Hamburg schicken, um sich ein Bild über Trends und innovative Technologien zu machen“, sagte Bernd Aufderheide. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress GmbH begrüßte auf der Vorauspressekonferenz in der Hamburger Elbphilharmonie mehrere Dutzend hochkarätige Medienvertreter aus aller Welt. Aufderheide verwies in seiner Keynote auf zahlreiche Neuerungen, die die SMM noch attraktiver machen. So findet in diesem Jahr erstmals in Kooperation mit TradeWinds das Shipowners’ Forum statt, auf dem unter anderem die für die Branche so wichtigen Finanzierungsfragen erörtert werden. „Die komfortable Clusterung der verschiedenen Ausstellergruppen in den Hallen oder die bereits auf der letzten SMM erfolgreich gestarteten Themenrouten erleichtern den Besuchern die Orientierung“, so Aufderheide. Dass die SMM die gesamte Wertschöpfungskette der maritimen Wirtschaft abbildet, zeigte bereits das Panel, das sich im Rahmen der Vorauspressekonferenz zusammenfand: Reeder, Schiffbauer, Zulieferer, Klassifikationsgesellschaft, Beratungsunternehmen – namhafte Repräsentanten der Schlüsselsektoren waren auf dem Podium vertreten.

Herausfordernde Märkte
Disruptive Märkte waren eines der Themen des renommierten Schifffahrtsexperten Dr.Martin Stopford. Der Präsident des maritimen Beratungsunternehmens Clarkson Research gab im Gespräch einen Überblick über die aktuelle Marktsituation. Zwar hätten sich einige Schifffahrtssegmente erholt, doch die Stimmung bleibe gedämpft. „Innerhalb der letzten zwei Jahre sind die Schiffbauunternehmen unter zunehmenden Druck geraten.“ 2018 würde weniger als die Hälfte an Tonnage ausgeliefert als im Boomjahr 2011. Insbesondere Südkorea verliere Marktanteile. Eine Sonderrolle nähmen allerdings die Aufträge für Kreuzfahrtschiffe ein, deren Volumen sich 2017 gegenüber 2015 auf 19,5 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt habe. Profitiert hätten von dem Boom vor allem die Europäer, die einen seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Marktanteil von 34 Prozent erreicht hätten. „Europäische Werften haben allen Grund zum Feiern“, so Stopford.

Passend zum Motto der diesjährigen SMM „Trends in SMMart Shipping“ sieht Stopford in der Digitalisierung einen der wesentlichen Effizienztreiber für die Branche. Allerdings rät er, dabei schrittweise vorzugehen: „Es ist besser, etwas Einfaches umzusetzen, das das Geschäft voranbringt, als zu ambitioniert mit etwas anzufangen und dann enttäuscht zu werden, wenn es scheitert“, so der Experte. Eine „Smart Shipping Toolbox“ könne dabei helfen, intelligentere Schiffe zu bauen, Flotten klüger zu managen und sicherzustellen, dass die Logistikkette tatsächlich effizient ist. Ziel sei ein integrierter Transport-Service.

In immer stärkerem Maße mache sich der Schiffbau den enormen Fortschritt auf dem Gebiet der Robotik zunutze, berichtete Kjersti Kleven, Chefin der gleichnamigen norwegischen Schiffbaugruppe und Vorsitzende des Europäischen Werften- und Zulieferverbands SEA Europe. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung seien Investitionen in Forschung und Entwicklung für die Branche von hoher Bedeutung. „Beim 3D-Druck ist noch vieles Zukunftsmusik, die Technik ist jedoch vielversprechend und kann neue Geschäftsmodelle ermöglichen“, so Kleven. Messe-Chef Aufderheide verwies in diesem Zusammenhang auf eine Sonderschau zum 3D-Druck auf der SMM, auf der sich der Nutzen der Technologie ganz praktisch erleben lasse.

Strikte Umweltstandards
Wie sich eine Reederei auf die aktuellen Herausforderungen einstellt, erläuterte Anthony Firmin, COO von Hapag-Lloyd. Die anhaltende Krise habe zu einem starken Konsolidierungsprozess unter den Linienreedereien geführt. Immer strengere internationale Umweltregularien erhöhten den Druck zusätzlich. Gleichwohl tue das Unternehmen eine Menge dafür, seine Schiffe über den ganzen Lebenszyklus so umweltfreundlich wie möglich zu betreiben, und engagiert sich beispielsweise für nachhaltiges Schiffsrecycling. Erst kürzlich hat Hapag-Lloyd seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Für Firmin ist das IMO Emission Reporting System „der einzige und richtige Schritt, um weltweit belastbare Daten über CO2-Emissionen zu erhalten“, und der regionalen EU MRV-Richtlinie, die nur etwa ein Fünftel der globalen Emissionen abbildet, vorzuziehen. „Die Erhebung von kommerziell sensiblen Daten muss anonymisiert und vertraulich erfolgen“, forderte Firmin.

Dass neue Regularien etwa zu CO2-Ausstoß und Ballastwassermanagement das Geschäft der Schiffbauer und Zulieferer eher stimulieren, stellte die SEA Europe-Vorsitzende fest: „Wir bauen alles, was der Markt will“, so Kleven. Nicht immer sei es für die Kunden aber leicht, die passende Technologie zu identifizieren.

Die Perspektive eines bedeutenden Zulieferers steuerte Wayne Jones bei, im Vorstand des Motorenherstellers MAN Diesel & Turbo für Global Sales & Aftersales verantwortlich. Er nannte die jüngsten Beschlüsse der Weltschifffahrtsorganisation IMO zur Reduktion von Treibhausgasen einen „enormen Erfolg“, allerdings sei das Ziel ambitioniert. Wichtig sei deshalb, dass die gesamte Industrie die Entscheidung mittrage. „Wir setzen uns seit mehreren Jahren für eine Maritime Energiewende ein und sind entschlossen, den Wandel hin zu einer CO2-neutralen Weltwirtschaft auch in der Schifffahrt voranzutreiben“, bekannte Jones. Der Königsweg sei hier der Umstieg auf schadstoffarmes Gas als Brennstoff.

Smarte Lösungen
Die Zukunft fest im Blick hat auch Knut Ørbeck-Nilssen, Vorsitzender des internationalen Verbands der Klassifikationsgesellschaften (IACS) und Chef von DNV GL – Maritime: „Die digitale Transformation wird die Schifffahrt stark verändern und neue Geschäftsmodelle eröffnen.“ Als ein Beispiel nannte er unmittelbare und detaillierte Informationen über Ladung und Route sowie den Betrieb und den Zustand des Schiffs und seiner Komponenten, die Lieferketten deutlich anpassungsfähiger und effizienter gestalten würden. „Die Entwicklung und Verbreitung von cloudbasierten Technologien und Computer-Performance wird nicht nur verändern, wie wir unsere Daten managen, sondern auch, wie wir Schiffe und ihre Komponenten konstruieren, bauen und testen.“

Digitale Lösungen entfalten dabei schon jetzt ganz konkreten Nutzen: So setzt DNV GL mittlerweile mit Kameras bestückte Drohnen zur Überprüfung von Schiffsstrukturen, Tanks und Offshore-Anlagen ein, und seit vergangenen Oktober können Kunden alle Schiffszertifikate in elektronischer Form erhalten. Mehr als 100.000 Zertifikate für 8.000 Schiffe hat DNV GL bereits ausgestellt. Neben der Effizienz der Betriebsabläufe wird die Digitalisierung der Schifffahrt auch die Sicherheit weiter erhöhen. „Das neue Level an digitaler Entscheidungshilfe wird eine bessere Kontrolle über das System Schiff ermöglichen, die situative Aufmerksamkeit an Bord steigern und menschliche Fehler reduzieren“, sagte Ørbeck-Nilssen. Auch Kjersti Kleven erwartet hier deutliche Fortschritte: So böte eine weitere Neuerung, der „digitale Zwilling“ eines Schiffs, Eignern und Schiffbauern eine ganz neue Datentransparenz und damit die Möglichkeit, Mehrwert in Form optimierter Betriebs- und Wartungsabläufe zu vermarkten.

Weniger Komplexität, mehr Transparenz: Darin sieht MAN Diesel & Turbo-Manager Wayne Jones die wesentlichen Vorteile der Digitalisierung. Weil zahlreiche Daten auf unterschiedlichen Speichern isoliert gesammelt würden, arbeite man an einer gemeinsamen Plattform für die gesamte Industrie. Jones betonte die Bedeutung von Datenschutz und -sicherheit und kündigte für die SMM im September 2018 eine bedeutende Innovation seines Unternehmens in Sachen Digitalisierung an.

Um Cybersecurity geht es auch in einem gemeinsamen Projekt der in der IACS zusammengeschlossenen Klassifikationsgesellschaften, berichtete Ørbeck-Nilssen. Außerdem arbeite man an einer gemeinsamen Terminologie für unterschiedliche Formen des autonomen Schiffsbetriebs. „Dies ist ein hochinteressantes Gebiet, das sich rasant entwickelt“, ergänzte Werfteignerin Kleven. Das erste autonome Schiff werde in Kürze in Auftrag gegeben. Bis das auch für große Containerschiffe infrage komme, müsste aber nach Ansicht von Hapag-Lloyd-COO Anthony Firmin noch eine Reihe von technischen und rechtlichen Fragen geklärt werden.

Attraktive Nischen
Auch wenn die Lage sich in einigen Marktsegmenten verbessert hat: Für viele Werften und Zulieferunternehmen blieben Nischenmärkte wie der insbesondere in Europa boomende Bau von Kreuzfahrtschiffen von existenzieller Bedeutung, so die SEA Europe-Vorsitzende Kleven. Sie hofft, dass sich auch das Offshore-Segment wieder erholt und setzt zugleich auf einen Wissenstransfer in attraktive Felder wie Meeresforschung, Tiefseebergbau und die Nutzung arktischer Ressourcen. Dass diese Zukunftsthemen auf der SMM im September eine Schlüsselrolle spielen werden, versprach zum Abschluss der Veranstaltung Messe-Chef Bernd Aufderheide. Nicht zuletzt die hochkarätig besetzten Fachkonferenzen zu Digitalisierung, Umwelt, Sicherheit und Verteidigung sowie Tiefseebergbau und Polarforschung lieferten das nötige Wissen, um aktuelle und künftige Herausforderungen zu meistern. „Wir wollen der Branche konkrete Antworten auf ihre drängenden Fragen bieten und freuen uns auf Aussteller, Fachbesucher und Konferenzteilnehmer aus über 120 Ländern, wenn Hamburg für vier Tage wieder zum Mittelpunkt der maritimen Welt wird.“

 

Bild & Text: smm-hamburg.com