Aktuelle Erkenntnisse aus Pflegewissenschaft und Pflegepraxis / Themen-Special für Wundexperten zum Messeauftakt / Leben nach dem Schlaganfall: Comedian Gabi Köster liest aus ihrem Roman
Ein hochkarätiges Vortragsprogramm rund um die häusliche Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf erwartet Pflegeprofis und pflegende Angehörige bei der REHACARE 2017 von 4. bis 7. Oktober im Forum Leben mit Pflege@home in der Messehalle 6.
„Jeder Messetag hat einen anderen Themenschwerpunkt. Ausgewiesene Experten versorgen die Messebesucher mit aktuellen Erkenntnissen aus Pflegewissenschaft und Pflegepraxis und geben ihnen Hilfen für den Alltag an die Hand“, verspricht Heike Senge, Geschäftsführerin der Pflegeakademie Niederrhein, Willich, die das Programm im REHACARE-Pflegeforum zum dritten Mal entwickelt hat, koordiniert und leitet.
Thementag Wunde: Speziell für Pflegeprofis
Der erste Messetag ist dem Themenkomplex Wunde gewidmet und richtet sich exklusiv an Wundexperten. Die Initiative Chronische Wunden e.V. (ICW) vergibt für diese am 4. Oktober stattfindenden Fortbildungsveranstaltungen ICW-Rezertifizierungspunkte. Die RbP – Registrierung beruflich Pflegender weist dem gesamten viertägigen Programm im Pflegeforum Fortbilldungspunkte zu.
Auf der Agenda am „Tag der Wunde“ steht der Expertenstandard „Dekubitus-Prophylaxe“, der gerade die zweite Aktualisierungsphase durchläuft. Grund genug, die ersten Ergebnisse der Überarbeitung vorzustellen.
Katrin Balzer, Juniorprofessorin für Evidenzbasierte Pflege an der Universität Lübeck, referiert über „Dekubitus-Risikoeinschätzung in der ambulanten Versorgung: Von der rechtzeitigen Risikoeinschätzung zur effektiven Beratung und Unterstützung der Angehörigen“. Die Erfahrungen auf diesem Gebiet haben gezeigt, dass ein Zusammenwirken von Patient, Angehörigen und Pflegenden wesentlich für den Erfolg der Behandlung ist. Zugleich haben sich die medizinisch-pflegerischen Möglichkeiten zur Vorbeugung in Teilen verbessert. Dieses Wissen gilt es zu verbreiten.
Ingrid Amtmann, Lehrerin für Pflegeberufe und Wundexpertin, informiert über „Grundlagen der Wundbehandlung am Beispiel Dekubitus“. Sie erläutert Sinn und Unsinn von Wundspüllösungen und zeigt auf, wie alle Beteiligten gemeinsame Strategien für die Behandlung entwickeln können.
Ethische Fragen sind das Thema von Dr. med. Christoph Gerhard, u.a. Leitender Arzt Palliativmedizin und Vorsitzender des Ethikkomitees am Katholischen Klinikum Oberhausen. Aus seiner Sicht können bei der Dekubitus-Prophylaxe Konflikte entstehen zwischen dem Wunsch des Patienten nach Autonomie und der fachlich optimalen Vorgehensweise. „Autonomie-zentrierte ethische Fallbesprechungen (Modell KRISE)“ bieten hier Möglichkeiten der Reflexion und Konfliktlösung.
Chefarzt Dr. med. Vu Phan, Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, HELIOS-Klinikum Krefeld, legt im letzten Vortrag des Tages dar, wie und unter welchen Vorrausetzungen die plastische Chirurgie eine problematische Wunde endgültig verschließen oder zumindest das Risiko von Infektionen und eine Verschlechterung der Wundsituation vermeiden kann.
Prominenter Gast: Comedian Gabi Köster liest aus ihrem Roman
Am Donnerstag, 5. Oktober, begrüßt das Pflegeforum eine prominente Autorin, die sich nach einem schweren Schlaganfall mit Kampfgeist, Mut und ungebrochenem Humor ins Leben zurückgekämpft hat: Comedian Gabi Köster liest aus ihrem Roman „die Chefin“. Ein Buch, das ein Licht auf die innere Haltung der Autorin wirft und für die Probleme von Menschen nach einem Schlaganfall sensibilisiert. Die Zuhörer haben im Anschluss an die Lesung Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Danach geht es mit einer Vortragsreihe zum Themenkomplex „Palliativ-Medizin“ weiter. „Kein Heilungs-Stress, sondern ein würdevoller Abschied“ ist der Leitgedanke, dem sich die Referenten verpflichtet haben.
Eine palliative Erkrankung ist eine „konsumierende Erkrankung, die mich zum Tode führt“. Ausgehend von dieser Definition geht es bei der Palliativ-Versorgung vor allem um die Frage, wie die letzte Lebensphase der betroffenen Menschen lebenswert gestaltet werden kann.
Palliativ-Medizin: Was am Lebensende wichtig ist
„Sterbebegleitung ist keine Wissenschaft, das kann jeder lernen“, meint Dr. med. Georg Bollig, u.a. Ltd. Arzt Palliativ Team Sønderjylland. Er stellt den Ansatz der „Letzten Hilfe“ vor: Gute Palliativ-Versorgung kann Leiden auf ein erträgliches Maß reduzieren und ist oft auch im häuslichen Umfeld machbar. Alle Menschen sollten lernen, was am Lebensende wichtig ist, welche physischen und seelischen Bedürfnisse Versterbende haben.
Zeynep Babadagi, Krankenschwester und Inhaberin „die Pflegezentrale“ Kranken- und Altenpflege GmbH, Duisburg, beschäftigt sich mit dem Thema der „palliativen Wundversorgung“ und der Frage, wie z.B. mit dem Geruch von schwer belastenden sogenannten exulzerierenden Wunden umzugehen ist, um die Lebensqualität zu erhalten.
Wie Aroma-Therapien hilfreich in der Palliativ-Pflege eingesetzt werden können, erläutert Heilpraktikerin Heike Goebel. Die Aromatherapie gehört zu den ältesten Therapieformen der Menschheit und ist eine ganzheitliche, besonders sanft wirkende Behandlungsform. Das Wirkspektrum der ätherischen Öle ist breit gefächert. Aromen können nicht nur gezielt Stimmungen, wie z.B. Ängste oder depressive Verstimmungen, positiv beeinflussen, sie wirken nachweislich auch bei Schmerzen oder fördern die Wundheilung.
Demenz: Wünsche und Bedürfnisse, die bleiben
Auch wenn Demenz-Erkrankungen geistige Fähigkeiten zunehmend einschränken, sie führen nicht dazu, dass Betroffene menschliche Bedürfnisse und Wünsche krankheitsbedingt aufgeben oder darauf verzichten. Wie gehen wir etwa mit Fragen der Ernährung und der Sexualität bei Demenz-Patienten um? Die Vorträge am Freitag beleuchten diese Aspekte.
Dipl.-Pädagoge Erich Schützendorf, Buchautor und Fachmann in Sachen Altenpflege und Demenz, behandelt das Thema: Wieviel „betreute“ Liebe, Erotik und Sexualität ist in Pflege- und Betreuungseinrichtungen möglich?
Mit den veränderten Geschmackswahrnehmungen von Demenz-Erkrankten und dem daraus resultierenden Ernährungsverhalten beschäftigt sich TV-Koch Dave Hänsel. Anschließend beleuchtet Margit Rennert, Fachschwester für klinische Ernährung, die Essgewohnheiten von Demenz-Patienten: Was sind Anzeichen eines Nahrungs- und Flüssigkeitsmangels? Was könnten die Gründe für die Mangelerscheinungen sein? Und: Wie kann eine Mahlzeit so angepasst werden, dass sie demenziell veränderten Menschen ein Stück Lebensqualität schenkt?
Mit Validation den Pflegealltag erleichtern
„Brücken in die Welt der Demenz“ schlägt Referentin Petra Fercher, um Angehörigen den Alltag mit Validation zu erleichtern. Diese non-direktive Kommunikationsmethode mit desorientierten alten Menschen wird in Österreich seit Ende der 1980er Jahre zunehmend eingesetzt. Validation bedeutet, die Wahrnehmungen eines an Demenz erkrankten Menschen für gültig zu erklären, ihm Weisheit in seiner Verwirrtheit zuzugestehen, ihn weder zu beurteilen noch zu verurteilen. Diese empathische Grundhaltung auf Basis der Theorie der Validation wird methodisch kombiniert mit verbalen und nonverbalen Kommunikationstechniken.
Sexual-Assistentin Nina de Vries beschäftigt sich abschließend mit „Wohlbefinden im Alter oder bei Handicap durch Nähe und Berührung – Sinnlichkeit und Sexualität“. In ihrem interaktiven Vortrag werden folgende Themen erörtert: Sexualität in betreuten Verhältnissen, aktive und passive Sexualassistenz und der angemessene Umgang mit dem Thema in Pflegeberufen.
Spezialisierte ambulante palliative Versorgung:
Hält das Gesetz, was es verspricht
Der letzte Tag des Forums „Leben mit Pflege@home“ startet mit dem Themenschwerpunkt Bewegung. Kinaesthetics-Trainerin Sabine Sieben gibt Angehörigen praktische Tipps, wie sie Bewegung bei Menschen mit körperlichen Einschränkungen unterstützen können.
Anschließend lädt die Fachveranstaltung „Spezialisierte ambulante palliative Versorgung (SAPV) – Anspruch und Wirklichkeit“ Geschäftsführer und Pflegedienstleiter von ambulanten und stationären Pflegediensten dazu ein, sich mit den Problemen einer flächendeckenden palliativen Versorgung und dem vertraglichen Procedere zur SAPV vertraut zu machen.
Referentin ist Anne Mauelshagen, u.a. Inhaberin und Betreiberin der Seniorenwohngemeinschaft „Deheem“ für alte, demente, onkologisch, aber auch palliativ zu versorgende Menschen. Sie erläutert, welche Leistungen im Rahmen der SAPV erbracht werden können und wer genau diese Leistungen beanspruchen kann. Eine durchaus heikle Fragestellung: Hält das Gesetz, was es verspricht?