Die Vorbereitungen für die DOMOTEX 2019 laufen auf Hochtouren, schon jetzt deutet die hohe Zahl der Anmeldungen auf eine erfolgreiche Messe vom 11. – 14. Januar in Hannover hin. Viele der Aussteller sind dabei, den Messeauftritt detailliert vorzubereiten, um ihre Produktneuheiten optimal zu präsentieren. Das neue Leitthema der DOMOTEX 2019 heißt „CREATE’N’CONNECT“ und rückt den Megatrend der Konnektivität in den Fokus. Für den Boden mit seinen vielseitigen gestalterischen Möglichkeiten spielt der Trend der „Vernetzung“ eine besondere Rolle. Er bildet die Basis der Räume, in denen wir leben und arbeiten. Als globale kommunikative Plattform ermöglicht es die DOMOTEX Besuchern und Ausstellern, sich im Sinne von „CREATE’N’CONNECT“ zu vernetzen, woraus vielfältige Kooperationen entstehen.
Zwei junge Teppichhändlerinnen, die die DOMOTEX regelmäßig besuchen, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und neue Kontakte zu knüpfen, sind Anna Wahdat und Katrin ten Eikelder. Beide haben den für Frauen ungewöhnlichen Beruf gemeinsam und stammen aus Familien, die mit Teppichen handeln. Mit ihren Labels „On the Rugs“ und „The Knots“ geben sie dem Orientteppich ein frisches Image und erschließen ihm erfolgreich neue Zielgruppen. Anna Wahdat und Katrin ten Eikelder nutzen das Internet und Social Media-Kanäle stärker als die meisten traditionellen Händler und agieren intuitiver bei der Auswahl ihrer Kollektionen. So lehnen sie ein großes Teppichlager für sich ab. Naturmaterialien, Nachhaltigkeit und Fair Trade spielen dagegen eine große Rolle, ebenso wie die Originalität der Einzelstücke. Bei aller Gemeinsamkeit beschreiten beide höchst individuelle Wege.
Frischer Wind aus der Hamburger Speicherstadt: On the Rugs
Anna Wahdat ist mit Teppichen aufgewachsen, schon früh hatte sie ein Faible für Einrichtung. Vater und Onkel stammen aus Afghanistan und handeln in der Hamburger Speicherstadt seit beinahe 40 Jahren mit handgeknüpften Orientteppichen. Sie und ihre Schwestern haben als Kinder oft zwischen den Teppichstapeln gespielt. Während ihrer Elternzeit begann Anna, im Speicher der Familie gezielt nach einzelnen Stücken zu suchen. 2015 gründete sie mit dieser Kollektion persönlicher Lieblingsstücke On the Rugs aus den größeren Depots von Onkel und Vater heraus.
„Das gab mir Mut und Sicherheit, so konnte ich das Label langsam entwickeln und aufbauen“, sagt sie. Die Zusammenarbeit mit dem traditionellen Unternehmen der Familie ist aber recht eng. „Aus ihrem Sortiment schöpfe ich noch immer, auch wenn ich inzwischen viele eigene Kontakte habe.“ Trotzdem nutzt Anna Wahdat gemeinsame Handelskontakte, beispielweise zu Kollegen aus der Speicherstadt, die sich auf spezielle Stile oder Regionen konzentrieren. Darüber hinaus hilft ihr der Vater mit seiner Expertise. „Auch wenn sich unser Verkaufsansatz grundsätzlich voneinander unterscheidet, hat er einen guten Sinn und sehr klaren Blick auf das, was ich erreichen kann und möchte und stärkt mir den Rücken.“
Persönliche Auswahl als roter Faden der Kollektion
Typisch für On the Rugs ist eine bewusst reduzierte Auswahl statt eines riesigen Angebots. Auf transparente Arbeitsbedingungen im Herkunftsland sowie auf Fair Trade legt die junge Teppichhändlerin großen Wert. Die DOMOTEX kennt sie schon seit ihrer Kindheit. „Für mich war der Besuch immer ein Eintauchen in eine andere Welt. Heute ist es für mich ein wichtiger Termin im Jahr, um Kollegen persönlich zu treffen und neue Kontakte zu knüpfen.“ Auch dort ist sie viel mit Vater und Onkel unterwegs, die sie Händlern oder Produzenten vorstellen. Andererseits hält sie auf der Messe Ausschau nach ungewöhnlichen Stücken mit Geschichte. Sowohl bei der Auswahl ihrer Kollektion als auch der Art, wie sie Verkaufsgespräche führt oder Werbung macht, folge sie individuellem Geschmack und Intuition. Einige traditionelle Händler setzen immer noch auf Anzeigen mit großen roten Buchstaben und hohen Rabatten in der Lokalpresse, das ärgert Anna Wahdat. „Ich vermarkte meine handgefertigten Unikate im ersten Schritt hauptsächlich online. Wichtig sind dabei vor allem gute Fotos von den Teppichen, die ich dann über Kanäle wie Instagram oder Pinterest verbreite.“
Darauf folge fast immer ein direkter Kontakt. Im Showroom in der Speicherstadt, bei ausgesuchten Interieur-Shops in Hamburg, Köln und Berlin oder während Pop-up-Sales mit Lesungen, gemeinsamem Essen und Musik können Kunden die Teppiche ansehen und deren Materialien spüren. Darüber hinaus verleiht On the Rugs Teppiche für unterschiedlichste Veranstaltungen wie Filmdrehs, Hochzeiten oder Konferenzen.
Ungewöhnliche Einzelstücke mit eigener Geschichte
Kaufinteressierten bietet Wahdat an, sich mehrere Stücke zur Probe mit nach Hause zu nehmen, um zu sehen wie der Teppich im Raum wirkt. „Meine Kunden reichen vom wohlhabenden Paar im Ruhestand, über junge Familien bis hin zur hippen Bloggerin. Gemeinsam haben sie ein ausgeprägtes Interesse für Design und hochwertige Einrichtung.“ In ihrer Kollektion legt sie sich nicht auf einen bestimmten Stil fest, auch die Preisrange ist breit. Auf der Website von On the Rugs findet man marokkanische Berberteppiche aus weicher Atlas-Schafwolle oder recycelter Baumwolle neben klassischen Afghanen in schlichten traditionellen Mustern, flachgewebte Kelims in frischen Farben und Designs sowie edle Seidenteppiche mit zarten Blumenornamenten. „Ich bevorzuge Einzelstücke, bei denen etwas Besonderes hervorsticht, wie etwa ein ungewöhnlicher Farbverlauf oder ein vermeintlicher Fehler in der Knüpfung“, sagt Anna Wahdat. Der Vintage-Aspekt ist ihr wichtig. „Es wird zu viel Neues produziert auf der Welt, darum ist es mir ein Anliegen, schönen Dingen ein zweites oder drittes Leben zu geben.“ Trotzdem verkauft ihr Label auch neue Teppiche, da diese von Formaten und Musterungen her oft besser in europäische Wohnzimmer passen. „Die Balance muss stimmen.“
The Knots – ein Label für junge und urbane Kunden
Die Idee zu ihrem Label ist in New York entstanden, als Katrin ten Eikelder für ein deutsches Modeunternehmen als Business Development Manager arbeitete. „Mir fiel auf, dass es dort Orientteppiche in modernem Kontext gab, schöne handgefertigte Unikate, die in Deutschland nicht mehr so geschätzt wurden.“ Also überlegte sie, wie man solche Teppiche wieder attraktiver machen konnte, zog nach Berlin und gründete 2014 The Knots. „Mein Vater ist Gutachter für Orientteppiche und unterstützt mich auch heute noch mit seinem Fachwissen.“ Er war dem Projekt gegenüber von Anfang an sehr aufgeschlossen. Bei der Ideenfindung jedoch habe der familiäre Hintergrund keine Rolle gespielt.
Orientalische Vintage-Teppiche mit Bezug zu New York
„Mein Markenaufbau und die Kommunikation ist anders als im klassischen Handel,“ sagt Katrin ten Eikelder. „Ich möchte dem handgefertigten Teppich ein neues Image geben – in einem frischen, jungen Kontext, Qualität und Nachhaltigkeit betonen.“ In Berlin Mitte betreibt sie einen Showroom, den man nach vorheriger Absprache besuchen kann. Hauptsächlich findet der Verkauf aber online statt, denn die Zielgruppe von The Knots ist jung und urban. „Mir sind fairer Handel und die Zusammenarbeit mit Kleinproduzenten wichtig, die ich persönlich kenne. Ich möchte wissen, woher meine Produkte kommen.“ Ebenso viel Wert legt sie auf die langfristige Zufriedenheit ihrer Kunden. The Knots steht für langlebige Produkte aus reinen Naturmaterialien wie Baumwolle, Alpaca und Schafswolle. Jeder Vintage-Teppich ist mit einer Nummer versehen und hat einen Namen mit inhaltlichem Bezug zu New York. Auch der Claim „Unique carpets picked with love“ unterscheidet das Unternehmen vom traditionellen Teppichhandel und unterstreicht die Individualität des Angebots. Wer die Website anklickt, sieht zuerst Vintage-Teppiche, ausgebreitet auf einem städtischen Gehweg. Auf manchen Produktfotos ist Katrin ten Eikelder selbst zu sehen, womit sie die enge Verbindung von Marke und Person signalisiert. Auf dem dazu gehörenden Blog bieten Homestories und Styling-Tipps Anregungen, wie die Orientteppiche am besten zur Geltung kommen.
Veredelung durch Bleichen und neues Färben
In ihrem Onlineshop gibt es historische und neue Teppiche, alle in Handarbeit entstanden. Rund 80 Jahre alte Stücke aus der Türkei sowie unterschiedlichen Regionen des Iran werden zum Bleichen und Entfärben auf Sonnenfeldern ausgelegt, um einzigartige Effekte zu erreichen, und anschließend neu eingefärbt. Dieser Veredlungsprozess macht das traditionelle Handwerksprodukt zum Designobjekt. Wie der Teppich nach der Behandlung aussehe, sei nie ganz vorhersehbar, erklärt Katrin ten Eikelder. Die neue Färbung wird von den Textilen nur teilweise, an manchen Stellen gar nicht aufgenommen. Zunächst verkauften sich starke Farben wie kräftiges Türkis, Pink oder Grün am besten. Mittlerweile sind gedeckte Töne wie Hellblau, Beige oder Hellgrau bei den Kunden beliebter. Zum Programm ihres Labels gehören auch Berber aus Marokko und dem Atlas-Gebirge sowie persische, türkische und afghanische Kilims. Ergänzend dazu umfasst das Sortiment von The Knots auch textile Produkte wie Decken und Kissen, in Qualität und überwiegend natürlichen und pastelligen Unifarben auf die Teppiche abgestimmt. Die DOMOTEX besucht Katrin ten Eikelder regelmäßig, um sich einen Überblick über neue Entwicklungen zu verschaffen. „Ich beobachte, dass Kunsthandwerk und klassische Elemente am Markt wieder mehr akzeptiert werden.“
Die DOMOTEX ist der globale Branchentreffpunkt für die ganze Bodenbelagsbranche und ein Highlight im Terminkalender. Händler aus aller Welt treffen hier spezialisierte Kollegen und Produzenten persönlich an. Sie knüpfen neue Kontakte und pflegen bestehende, informieren sich über aktuelle Entwicklungen wie zukünftige Trends und lassen sich für ihr Unternehmen inspirieren.
Bild & Text: www.domotex.de